Wir haben heute einen bemerkenswerten Beitrag auf der Mailingliste der Piratenpartei NRW gefunden den wir euch den nicht vorenthalten wollen. (Leicht gekürzte Fassung)
Die Legislaturperiode ist bald halb rum, am 13. November ist quasi "Bergfest".
Vormals 20 MdL, 36 Fraktionsmitarbeiter und noch mal so einiges an persönlichen Mitarbeitern, die in Vollzeit Politik machen. Hardware. Wahlkreisbüros. Ganze Gänge mit Räumen und Büros im Landtagsgebäude.
Was sind ihre Ziele?
Auf Rückfragen kam keins, auch auf der Webseite habe ich keins gefunden. Wie viele der vormals 20 Piraten mögen auch nur persönlich konkrete Zielvorstellungen haben, was sie in ihren fünf Jahren erreichen wollen? An übergreifende gemeinsame Fraktionsziele vermag ich bereits angesichts des Bildes nicht zu glauben, das sie in den öffentlichen Fraktionssitzungen abgeben.
Was tun sie?
Die Fraktion der Protestwähler war mal als "Brückenkopf des Wählers" gedacht. Sie könnte mit ihren immensen Ressourcen mitten im Ort des Geschehens ein massiver Stachel im Fleisch des etablierten Politikbetriebs sein.
Denn dort tritt der verhasste Typ Altpolitiker in Massen auf. Der Typ, mit dem jetzt viele von euch auch auf kommunaler Ebene auf Tuchfühlung gehen. Mit dem nicht wenige von euch sogar Fraktionen gebildet haben. Der Typ, bei dem an allererster Stelle sein *eigenes* Fortkommen steht, an dem er sein gesamtes Handeln ausrichtet. Und dann natürlich auch auf das seiner Klientel, die ihm dafür wiederum sein Auskommen ermöglicht. Der Altpolitiker, der seine egoistischen, dem Gemeinwohl abträglichen Aktivitäten mehr oder weniger leicht durchschaubar mit Symbolpolitik und Buzzword-Bingo kaschiert.
Die Fraktion könnte derlei entlarven, non-stop anprangern und damit kontinuierlich den piratigen Markenkern aus Transparenz und Beteiligung verstärken, auch und gerade in der öffentlichen Wahrnehmung. Denn ohne Öffentlichkeit ist alles nichts.
Stattdessen läuft man im Hamsterrad des alltäglichen Landtagsbetriebs im Kreis. Die Bezugsgröße der Piratenfraktion bewegte sich in atemberaubendem Tempo weg vom piratigen Markenkern, hin zu eben jenem etablierten System der Altparteien, in das viele sich nicht schnell genug eingliedern konnten. Im Schnitt kam bislang jährlich etwa ein Mal eine etwas plakativere Protestaktion. Die versandete dann bestenfalls auf Seite 2 und im Regionalfernsehen. Und jetzt mahnen sie auch noch ihre Angestellten ab. Weil die dem Ansehen der Fraktion durch unartige Tweets schaden.
http://schreibrephorm.de/strunz/ Herzlichen Glückwunsch.
Was haben sie erreicht?
In nur vier Monaten sank die Zustimmung zu den Piraten im Land NRW unter die Fünf-Prozent-Hürde. In letzter Zeit verharren die Piraten in der Sonntagsfrage hartnäckig zwischen zwei und drei Prozent.
Nicht wegen Tweets von Mitarbeitern, möchte ich meinen.
In einem leider singulären Geniestreich hat die Fraktion es tatsächlich geschafft, die Altparteien zur Einberufung eines BLB-Untersuchungsausschusses zu überrumpeln. Aber trotz all der Annäherung an die Etablierten haben diese sie nicht in diesen Ausschuss gewählt. Und haben es seither nicht geschafft, diesen Umstand in den Augen der breiten NRW-Öffentlichkeit zu thematisieren, zu verdeutlichen, was das eigentlich für einen Skandal darstellt: Die einzige Partei, die in Sachen BLB keinen Dreck am Stecken hat, bleibt im Ausschuss außen vor, der diese gigantische, jahrzehnte andauernde Korruptionsaffäre angeblich aufklären soll.
Sie halten langweilige Fraktionssitzungen öffentlich ab, die sich ziehen wie Kaugummi. Punktuell unterbrochen vom einen oder anderen Fremdscham-Peak, vor allem an den Stellen, wo anhand schlechter Schauspieleinlagen ganz klar wird, dass zuvor gewisse Dinge abseits des Streams ausgehandelt wurden. Wundern sie sich ernsthaft über mangelnde Beteiligung? Normale Menschen können keine zwei Minuten mit ansehen, wie sie sich gegenseitig blockieren, verhindern, auf den Füßen herumstehen.
Was immer dort unternommen wurde, um die programmatischen Forderungen der NRW-Piraten wenigstens ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken: Es bleibt punktuell, hat keine nachhaltige Wirkung. Das wäre in meinen Augen aber das Mindeste gewesen: Den Leuten Alternativen aufzuzeigen. Dass man auf politischem Wege nichts erreichen würde können, war vorher klar, und spätestens nach dem ersten fruchtlosen Jahr darf es als empirisch belegt gelten.
Stellvertretend für andere Bereiche haben die Piraten aus meiner Sicht das bei Weitem fortschrittlichste und beste Bildungsprogramm aller Parteien, die im Mai 2012 zur Wahl angetreten sind. Das weiß nach wie vor praktisch niemand in NRW. Obwohl weder Eltern noch Lehrer NOCH Schüler mit dem herrschenden "System" besonders glücklich sind. Das einzige, was sporadisch mal beackert wurde: Inklusion.
Ich vermute stark, ein Großteil der Wähler hat längst vergessen, dass da eine Piratenpartei im Landtag sitzt, und das sogar in in zweistelliger Fraktionsstärke. Ob dem Rest etwas einfiele, wenn man ihn fragte, was die wohl so machen? Was sie erreicht haben?
Protestwähler haben sich seit dem 13. Mai 2012 in Niedersachsen, Bayern, Hessen und im Bund die Frage gestellt: "Wäre diese Partei eine Bereicherung auch für unser Parlament?"
Sie haben dabei auch auf die Piratenfraktion NRW geschaut. Die allem Anschein nach auf Jahrzehnte hinaus stärkste Piratenfraktion aller Zeiten. Den erhabendsten Leuchtturm unserer Partei.
Um dann den Kopf zu schütteln und den Daumen zu senken.
Die Fraktion hat im *Monat* grob geschätzt so viel Geld und Resourcen zur Verfügung wie der Landesverband NRW im ganzen *Jahr*. Wenn man mal so alles einrechnet, Diäten, Mitarbeitergehälter, Zuschüsse, Immobilien.
Mit solchen Mitteln sollte es doch möglich sein, die Öffentlichkeit in NRW Monat für Monat zu nachhaltig daran zu erinnern, wer wir sind. Und was wir wollen.
Original-Text (nur nach Anmeldung lesbar):
https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=454119&pid=2173574#pid2173574
Mehr zum Thema:
http://www.bild.de/regional/duesseldorf/piratenpartei/pluesch-pony-zoff-37094788.bild.html